Wann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist
Arbeitgeber News

08.01.2024

Wann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist

Wenn ein Arbeitnehmer passgenau bis zum Ende der Kündigungsfrist krankgeschrieben ist und unmittelbar nach Ende des Arbeitsverhältnisses einen neuen Job antritt, so kann dies den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. Das zeigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) gilt allgemein als Beweis dafür, dass ein Mitarbeiter arbeitsunfähig krank ist. Laut einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist der Beweiswert der Bescheinigung jedoch erschüttert, wenn einem bereits gekündigten Mitarbeiter genau bis zum Ende der Kündigungsfrist eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird und der Arbeitnehmer unmittelbar im Anschluss eine neue Beschäftigung aufnimmt (BAG, Urteil vom 13. Dezember 2023, 5 AZR 137/23). Ist der Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert, so trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.

Durfte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern?

Vor dem BAG ging es um einen Fall, in dem ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter Anfang Mai 2022 zum Monatsende kündigte. Die Kündigung ging dem Arbeitnehmer am 3. Mai 2022 zu. Zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs war der Beschäftigte für den Zeitraum vom 2. bis 6. Mai 2022 krankgeschrieben. Mit Folgebescheinigungen vom 6. Mai und vom 20. Mai 2022 wurde der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Mai 2022 verlängert. Der Mitarbeiter war somit während der gesamten Kündigungsfrist bis zu deren Ende krankgeschrieben. Unmittelbar nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses trat er zum 1. Juni 2022 eine neue Stelle an. Sein bisheriger Arbeitgeber bezweifelte, dass tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit vorlag, und lehnte es ab, den Lohn fortzuzahlen. Der Arbeitnehmer argumentierte, die Arbeitsunfähigkeit habe bereits vor dem Zugang der Kündigung bestanden. Er klagte auf Entgeltfortzahlung.

BAG sieht Beweiswert der AU-Bescheinigung als erschüttert an

Nachdem der Kläger in den beiden ersten Instanzen Recht bekam, wendete sich das Blatt vor dem BAG. Dieses entschied, dass der Beweiswert der AU-Bescheinigungen vom 6. Mai und vom 20. Mai 2022 erschüttert sei. Demnach kann ein Arbeitgeber den Beweiswert einer AU-Bescheinigung erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und gegebenenfalls beweist, die nach einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Dies war nach BAG-Ansicht hier der Fall. Das BAG war der Meinung, das Landesarbeitsgericht habe insoweit nicht ausreichend berücksichtigt, dass mit den Folgebescheinigungen die Arbeitsunfähigkeit passgenau bis zum Ende der Kündigungsfrist bescheinigt wurde und der Arbeitnehmer direkt im Anschluss eine neue Beschäftigung aufgenommen hat. Das BAG hat den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

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