Beweiswert einer AU-Bescheinigung
Arbeitgeber News

04.08.2023

Beweiswert einer AU-Bescheinigung

Grundsätzlich hat eine ärztlich ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) einen hohen Beweiswert. Dies kann sich jedoch ändern, wenn der Arbeitgeber Umstände nachweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben.

Ein Arbeitnehmer, der kündigt und dann während der gesamten Kündigungsfrist der Arbeit aufgrund eingereichter AU-Bescheinigungen fernbleibt, kann seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung verlieren. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hervor (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 2.5.2023 – 2 Sa 203/22).

Zum Sachverhalt: Eine Mitarbeiterin kündigte ihr Arbeitsverhältnis. Im Rahmen des Kündigungsschreibens bat die Frau um die Zusendung einer Kündigungsbestätigung und der Arbeitspapiere an ihre Wohnanschrift. Zudem bedankte sie sich für die bisherige Zusammenarbeit und wünschte dem Unternehmen alles Gute. Im Anschluss an die Kündigung ließ sich die Frau für einen Zeitraum von sechs Wochen krankschreiben. Sie reichte beim Arbeitgeber durchgehend bis zum Ende der Kündigungsfrist entsprechende ärztliche Atteste ein.

Der Arbeitgeber zahlte der Mitarbeiterin für den Zeitraum der Krankschreibung den Lohn nicht weiter. Dagegen klagte die Frau. Nachdem sie zunächst mit ihrer Klage auf Lohnfortzahlung vor dem Arbeitsgericht Lübeck erfolgreich war, gab in nächster Instanz das LAG Schleswig-Holstein dem Arbeitgeber Recht. Das LAG sah den Beweiswert der vorgelegten AU-Bescheinigungen in einer Gesamtbetrachtung aller Indizien als erschüttert an. Das Gericht stellte zunächst den hohen Beweiswert von AU-Bescheinigungen heraus. Der Arbeitgeber könne diesen Beweiswert nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben.

Nach LAG-Auffassung ist der Beweiswert des ärztlichen Attests auch dann erschüttert, wenn die Krankschreibung aufgrund mehrerer AU-Bescheinigungen durchgehend bis zum Ende der Kündigungsfrist andauert, wenn die Krankschreibung punktgenau den maximalen Entgeltfortzahlungszeitraum von sechs Wochen umfasst und sich aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass der Verfasser von vornherein nicht mehr mit seiner Anwesenheit rechnet. Diese Voraussetzungen waren nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein hier erfüllt. Bei der Beweiswürdigung stellte das LAG entscheidend darauf ab, dass nach seiner Überzeugung die Mitarbeiterin ihrem Arzt Beschwerden vorgetragen hat, die tatsächlich nicht bestanden haben.

Die Revision gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen.

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