Glück ist (d)eine  Entscheidung ©stock.adobe.com ValentinValkov
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Glück ist (d)eine Entscheidung

Zum Abschluss unserer Glücksserie 2023 haben wir uns mit Deutschlands erstem „Happyologen“ Patrik Wenke über Wege zum Glück unterhalten. Was ein Happyologe ist, erfahren Sie hier. Und wieso Entscheidungen treffen, gelassen bleiben, ohne Neid leben und sich sozial engagieren, richtig glücklich machen.

Sie bezeichnen sich als Deutschlands ersten Happy­ologen – was ist darunter zu verstehen?

Patrik Wenke: Ich bin Kommunikationstrainer und Glücksexperte. Happyologe ist ein Phantasiename, den mir ein guter Freund mal gab. Du bist immer so gut gelaunt, du bist
Happyologe, sagte er. 17 Jahre später fragte mich der Verlag, der gerade mein drittes Buch herausbrachte nach meinem Titel. Ich bin kein Arzt aber Happyologe, antwortete ich.

 

Sind Sie denn rund um die Uhr happy?

Nein, und ich kenne auch nicht die Lottozahlen von Samstag. Ein Happyologe ist ein Mensch, der aus einer Situation, egal wie sie ist, das Bestmögliche macht. Es ist wie es ist, aber es wird, was du daraus machst! Das kann jeder selbst beeinflussen.

 

Also kann jede Happyologin und jeder Happyologe sein?

Es gibt in der Wissenschaft den Begriff der Serendipität, eine vermeintlich negative Situation, die sich, nachträglich betrachtet, als Glück oder positive Lebensweiche herausstellt. Das Leben hat immer Höhen und Tiefen, bei jedem von uns. Mit der richtigen Herangehensweise können wir aber für mehr positive Zufälle im Alltag sorgen und glücklich sein, denn aus den Höhen nimmt man Kraft und aus den Tiefen nimmt man Erkenntnisse.

 

Also das beste aus der Situation, auch einer unglücklichen, machen?

Genau, bei mir war das ein Schlaganfall am 02.02.2015. Ich wachte morgens auf, links halbseitig gelähmt. Damals gab es den Happyologen in mir noch nicht. Ich war im Überlebensmodus, hatte dann aber die richtige Person zur richtigen Zeit an meiner Seite, meinen Physiotherapeuten Michael aus der Reha. Als ich auf dem Laufband meinen Fuß nur so hinterherschleifte, spürte er meine Angst, nie wieder so zu werden, wie zuvor. Daraufhin sagte er: „Patrik, ich verspreche dir, nach der Reha wirst du besser sein als vorher.“ Das gab mir Mut und Zuversicht. Ich änderte meine Einstellung komplett, lernte wieder Laufen und es ist tatsächlich besser gekommen. Lediglich meine Handfläche ist etwas wetterfühlig geblieben. Heute kann ich wieder alles, und im Mai bin ich sogar einen Ultra-Marathon in Bhutan gelaufen. Dafür habe ich neun Monate trainiert und kam nach mehr als 200 Kilometern in 58 Stunden, 28 Minuten und 16 Sekunden als 49. überglücklich ins Ziel.

 

Die Menschen wollen einfach nur glücklich sein, wie geht das?

Glücklichsein ist tatsächlich komplett einfach. Es ist (d)eine Entscheidung. Du hast es in den eigenen Händen, niemand sonst! Das Wort dafür heißt Benevolenz: Das Gute zu meinen, zu wollen und zu unterstellen – das ist der Schlüssel. Glück ist kein Dauerzustand, das muss jedem klar sein. Pech aber auch nicht. Das Leben wird eben vorwärts gelebt, aber rückwärts verstanden.

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Viele gehen eher vom Schlechtesten aus?

Genau, sie machen sich das Leben selber schwer. Ein Beispiel: Du fährst auf eine Kreuzung, und dir wird die Vorfahrt genommen. Du ärgerst dich richtig, kommst voller Adrenalin nach Hause und überträgst es auf alle, die du triffst. Eine negative Kettenreaktion entsteht. Benevolenz heißt, du siehst die gleiche Situation wohlwollend positiv: Da haben wir alle Glück gehabt. Der Typ, der die Vorfahrt genommen hat, wird einen Grund haben, warum er so fährt. Vielleicht hat er auf dem Beifahrersitz eine schwangere Frau, die schnell ins Krankenhaus muss. Sie haben es eilig, und du drückst ihnen die Daumen. Ob das stimmt, ist vollkommen egal, aber dein Leben geht besser weiter, und die negative Kettenreaktion ist unterbrochen. Du hast das Gute reingeholt. Das ist, was zählt. Die Mönche im Shaolin Kloster, die ich besucht habe, haben es so auf den Punkt gebracht: Zorn ist, wenn du Gift trinkst und hoffst, dass der andere stirbt. Du merkst, das funktioniert nicht!

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Wie sehen die 5 Schritte zum Glücklichsein aus?

Schau auf deine Hand: Der kleine Finger steht dafür, sich über Kleinigkeiten nicht aufzuregen, sondern wohlwollend zu leben. Der Ringfinger steht dafür, einmal im Monat ein Rendezvous mit sich selbst zu machen, also mit der wichtigsten Person im Leben. Dabei überlegst du dir, was du eigentlich willst und was dich glücklich macht. Was nicht, kann weg. Der Mittelfinger steht für ein klares Ja oder klares Nein in deinem Leben. Was uns wirklich unglücklich macht, ist das glasklare Vielleicht und Jein. Das zermürbt komplett, denn wegschieben macht die Sache nur größer und schlimmer. Der Zeigefinger zeigt als Wegweiser auf die kleinen Glücksmomente. Denn Glück ist die Summe der Kleinigkeiten, die das große Glück ausmachen. Es geht darum, die kleinen Momente zu speichern. Der Daumen steht für Dankbarkeit und Demut, damit ordnest Du deinen Problemen den richtigen Stellenwert zu. Weg vom Mangel-Denken hin zum „Ich-kann“- und „Ich habe“-Denken. Damit gehst du weg von der „Opfer-Rolle“ und wirst zum Gestalter deines Lebens. (D)eine Entscheidung!

 

Sich fürs Glück zu entscheiden, wie gelingt das am ­besten?

Indem du Entscheidungen triffst! Eines ist klar: Wenn du keine Entscheidung triffst, triffst du auch eine – so oder so. Stell dir also die Frage: Was passiert, wenn ich mich nicht entscheide, was hält mich zurück? Los geht‘s.

Glück ist dort, wo Möglichkeiten auf Wahrnehmung und Entscheidung treffen. Du musst Glück also zunächst einmal wahrnehmen und beim Schopf packen. Den Ultralauf in Bhutan hatte ich mir bspw. gar nicht zugetraut, als ich aber hörte, dass der Glücksminister dort die Urkunden verleiht, war ich sofort dabei. Das war mein Schlüsselmoment. Meine Wahrnehmung war da und meine Entscheidung auch, so habe ich mir das Glück geholt. Ich habe den Glücksminister nicht nur getroffen, sondern ein TV-Interview mit ihm gemacht – ein großes Glück!

 

Die Menschen in Bhutan sollen die glücklichsten der Welt sein, du warst selbst dort. Was können wir von ihnen lernen?

Seit 2006 wird dort regelmäßig die Bevölkerung befragt, was die Regierung tun kann, um die Menschen glücklicher zu machen. Das ist in der Verfassung festgelegt. Was die Regierung danach umsetzen kann, wird getan.

Eine wichtige Regel dort ist auch, dass alles eine Einheit bildet: Mensch, Tier und Natur. Alle halten sich daran. In Bhutan schmeißt zum Beispiel niemand einfach Müll weg, das ist gegen die Natur. Für mich der wichtigste Unterschied aber ist: Es gibt in Bhutan keinen Neid, denn Neid steht dem Glück im Weg.

 

Neid vermeiden macht glücklich und gelassen?

Teilen ist das oberste Gebot in Bhutan – das habe ich mitgenommen. Ergo: Wenn du gewinnen willst, hör auf zu kämpfen und unterlasse es tunlichst, dich permanent mit anderen zu vergleichen.

Als Industriestaat in Europa können wir sicher nicht alles eins zu eins teilen, aber die Einführung eines Glücksfaktors, der auf solche Dinge achtet, würde uns sicher helfen. Neid fördert die Ellbogenmentalität. Das ist genau das, was Führungskräfte und Mitarbeitende in unseren Unternehmen oft krank macht und spaltet.

 

Auf der Suche nach dem Glück haben Sie auch ein Shaolin Kloster besucht – was haben Sie da mitgenommen?

Ich fragte den Abt, wo ich Glück finde und wie ich es definieren kann. Er sagte, das Hauptproblem der Menschen sei, dass sie in einem permanenten Unruhezustand leben und sich keine Zeit für sich nehmen. „Turn off the music!“ war sein Rat. Alle Störgeräusche von außen ausschalten. Zur Ruhe kommen und dann „Play your own music“. Spiele das, was dich glücklich macht, der Rest kann weg. Wir sollten also immer im Hier und Jetzt leben – ohne der Vergangenheit nachzutrauern oder ständig Sorgen vor der Zukunft zu haben. Daraus habe ich „das Rendezvous mit dir selbst“ abgeleitet. Kläre monatlich einmal mit dir die zwei Dinge: Wenn es dich glücklich macht, mach es! Was dich nicht glücklich macht, lass es! Nimm dir Zeit dafür, ohne Familie, Handy oder Tiere. Du erlebst, wie du von Mal zu Mal klarer wirst, und Klarheit ist einer der größten Schlüssel fürs Glücklichsein! Kläre, was du willst und nicht willst, finde dadurch deinen Weg.

 

Was braucht es noch, unser Glück zu beeinflussen?

Nachdem ich während der Pandemie Professor Dr. Alfred Bellebaum kennenlernte, habe ich noch diese App entwickelt „Glück to go“. Er ist Soziologe und Pionier der deutschen Glücksforschung. Damals war er 89 Jahre alt. Wir philosophierten intensiv übers Glück. Er hatte Zeit und ich ja auch. Dann übergab er mir seine gesamte wissenschaftliche Forschung und forderte mich auf: Mach etwas daraus! Ich versprach es ihm, entwickelte das Buch und die App. Vier Wochen vor der Bucherscheinung starb er mit 90 Jahren, wohlwissend, dass sein Wissen nicht verloren geht. Er sagte, alle Wissenschaft sei sich einig, dass das bloße Erinnern an schöne Bilder und Momente die gleichen Glücksgefühle auslöst wie der Glücksmoment selbst. In der App kannst du deine Bilder speichern und bewusst bewerten und nur die guten Momente genießen. Schaut mal rein, sie ist kostenfrei.

 

Apropos helfen: Bald ist Weihnachten. Sich sozial zu ­engagieren, macht ja auch glücklich…

Absolut, und deshalb rate ich allen: Sucht euch ein Ehrenamt! Ich gehe Weihnachten zur Tafel und mache Essensausgabe im Notel in Köln. Auch Altersheime bieten sich an. Erkundigt euch, wer am allerwenigsten Besuch bekommt und besucht genau diese Person. Besonders unglücklichen Menschen rate ich, sich sozial zu engagieren und rauszugehen. Nach einem Tag im Kinderhospiz oder Pflegeheim sind die Probleme so klein, dass sie kaum mehr zu sehen sind. Das ist hart, bringt einen aber sofort auf die richtige Denkweise, hin zum Gestalter deines Lebens!

 

Danke für das Gespräch!

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